k+a 2021.4 : Architektur für die Wissenschaft | Architecture pour la science | Architettura per la scienza

     Ein Grossteil der exakten Wissenschaften wird auf der Grundlage von Beobachtungen von Naturphänomenen entwickelt. Die Hypothesen, die über die Funktionsweise unseres Universums aufgestellt werden, müssen gewissenhaft ausgewertet und unter möglichst zuverlässigen Bedingungen überprüft werden. Eine massgeschneiderte Architektur ist daher unerlässlich, um Wissenschaft zu betreiben. Doch wie sehen die Gebäude, in denen geforscht wird, tatsächlich aus? Diese Frage diente als Ausgangspunkt für unsere aktuelle Ausgabe.

     Wir nehmen Sie mit auf eine etwas ungewöhnliche Tour durch Laboratorien, astronomische Observatorien, Hochleistungsrechenzentren und Wetterstationen. Ihre Architektur ist auf spezifische Bedürfnisse zugeschnitten und gerade deshalb faszinierend. Auf der einen Seite gibt es strenge und standardisierte Strukturen, welche die Effizienz des Gebäudes im Hinblick auf seine Zwecke garantieren, auf der anderen Seite gibt es «liebenswertere » Gebäude, wie etwa das Institut für organische Chemie in Basel, das eine gelungene Alltagskultur verkörpert.
Die Architektur von Observatorien – zum Beispiel der Hirsch-Pavillon in Neuenburg oder die Sternwarte Urania in Zürich – und ihre Einrichtung sind so vielfältig wie der Nachthimmel mit seinen Sternenkonstellationen. Und doch besteht ihr Zweck immer darin, kosmische Ereignisse mithilfe komplexer Instrumente und Messgeräte einzufangen. Die Sternwarten wurden aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln gewürdigt: von einem Astrophysiker, der sich als Wissenschaftler und Historiker ausdrückt, und von einem Architekten.
Darüber hinaus gibt es auch Labors in den Tiefen von Bergen, die unerwünschte kosmische Strahlung so weit wie möglich herausfiltern. Diese Bauten würden allerdings den Rahmen dieser Ausgabe sprengen – deshalb sind wir auf der Erdoberfläche geblieben.

 

Dossier 1
Dorothee Huber
Gepflegte Alltagsarchitektur
Das Institut für Organische Chemie der Universität Basel

Zusammenfassung
Der Ausbau der universitären Einrichtungen am nordwestlichen Rand der Basler Altstadt ist eines der gegenwärtig grössten und prestigeträchtigsten Projekte der Universität. Im Hochschulareal St. Johann sollen die Life-Science-Bereiche der Universität und der ETH in den kommenden Jahren in unmittelbarer Nähe zu den Kliniken zusammengeführt werden. Zu Diskussionen Anlass gibt der geplante Abbruch des Instituts für Organische Chemie, erbaut 1949–1952 für den berühmten Chemiker Tadeus Reichstein durch Kantonsbaumeister Julius Maurizio. Anders als die etwa von den Grosskonzernen der chemischen Industrie bevorzugte weltläufige Eleganz verkörpert das Institut für Organische Chemie die gerade bei den Bauten der Bildung gepflegte anschauliche, sparsame und heitere Frische der architektonischen Erscheinung, die als Beitrag zu einer durchaus bemerkenswerten Alltagskultur Anerkennung und Schutz verdiente.

 

Dossier 2
Robin Rehm und Silke Langenberg
Das Patent als Akteur technischer Innovation
Hochschularchitektur der 1960er und 1970er Jahre

Zusammenfassung
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelt sich eine Hochschul- und Laborarchitektur, in der das Patent als Schutzbrief für technische Neuerungen eine besondere Rolle übernimmt. Zunächst entstehen Rastersysteme mit regelmässig positionierten Tragstrukturen, in die Böden, Decken, Innenwände und Fassaden mittels variierenden Anschlusskonstruktionen eingesetzt werden. Diese vornehmlich auf strukturelle Logik und Technik ausgerichtete Architektur gewinnt in vielerlei Hinsicht Modellcharakter: Geschaffen werden elementierte Fertigteilstrukturen, die eine wirtschaftliche Bauorganisation gewährleisten. Die Modularisierung der Konstruktion korreliert mit dem auf Rationalität zielenden Forschungs- und Bildungsanspruch der Hochschulen, die vor allem in der Bundesrepublik Deutschland, aber auch in der Schweiz und Österreich errichtet werden.

 

Dossier 3
Franz Graf, Yvan Delemontey et Mélanie Delaune Perrin
La construction de l’Institut Battelle
L’âge d’or de la recherche scientifique à Genève, 1953-1972

Zusammenfassung
Der Aufbau des Battelle-Instituts oder das goldene Zeitalter der wissenschaftlichen Forschung in Genf, 1953–1972
Das 1952 in Genf gegründete Battelle- Institut ist eine private amerikanische Forschungseinrichtung, deren Ziel es ist, Laboratorien und wissenschaftliches Personal Unternehmen oder staatlichen Einrichtungen in den verschiedensten Bereichen zur Verfügung zu stellen. Die Errichtung dieser Forschungsbauten auf einem herrlichen Grundstück am Stadtrand von Genf zeugt von der Entwicklung bis Mitte der 1970er Jahre. Federführend dabei war der Architekt Georges Addor, der Gebäude von bemerkenswerter Qualität entworfen hat, die sowohl funktional überzeugend als auch raffiniert sind. Ihre Errichtung über einen längeren Zeitraum von fast zwei Jahrzehnten kann heute auch als Spiegelbild der Entwicklung verschiedener Materialien gelesen werden – von den ersten Gebäuden, die sich durch ihre Mauerstruktur auszeichnen, bis hin zu den Vorhangfassaden, welche die nachfolgenden Gebäude umhüllen: ein eindrückliches Zeugnis der Entwicklung des Schweizer Bauwesens in der Nachkriegsmoderne.

 

Dossier 4
Maria Grazia Giuffreda
Simbolo di innovazione ingegneristica e di supercalcolo
Il Centro Svizzero di Calcolo Scientifico (CSCS)

Zusammenfassung
Symbol für technische Innovation und Supercomputing – das Schweizerische Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (CSCS)
Anfang der 2000er Jahre beschloss die Schweizerische Eidgenossenschaft, eine Supercomputing-Infrastruktur am CSCS (Nationales Hochleistungsrechenzentrum) aufzubauen und damit auch die nationale Hochleistungsrechnen- und Vernetzungsstrategie (HPCN-Strategie) des ETH-Rats im Auftrag des Bundes fortlaufend umzusetzen. Dies bedeutete den Bau des neuen Rechenzentrums in Lugano sowie die Installation des ersten Supercomputers der Petaflop- Klasse in der Schweiz. Das CSCS sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, ein Rechenzentrum zu errichten, das in der Lage ist, Hochleistungs- Supercomputer sicher zu beherbergen und eine Infrastruktur zu schaffen, die riesige Datenmengen speichern kann. All dies geschah unter Berücksichtigung von Umweltauswirkungen, von Nachhaltigkeitsfragen und des architektonischen Erscheinungsbildes des neuen Gebäudes. Dabei ist einer der auffälligsten technischen Aspekte die Kühlung der Geräte über ein Kreislaufsystem, in dem Wasser aus dem Luganersee zirkuliert.

 

Dossier 5
Michel Grenon
Les observatoires astronomiques en Suisse du XVIIIe au XXIe siècle
Une architecture adaptée aux méthodes et techniques d’observation

Zusammenfassung
Die Architektur der Observatorien in der Schweiz
Ab dem 18.Jahrhundert hatte der Aufschwung der Astronomie sowohl in der Grundlagenforschung als auch in den Anwendungsbereichen Chronometrie, Topographie und Klimatologie den Bau einer Vielzahl von Observatorien auf dem Gebiet der heutigen Schweiz zur Folge. Die Auswahl der Standorte und ihrer Architektur folgte spezifischen Regeln und veränderte sich je nach Forschungsgebiet und den eingesetzten Instrumenten im Verlauf der Zeit. Als Folge grundlegender Neuerungen in diesem Wissenschaftszweig begann die Bautätigkeit 1772 in Genf mit einer für Observatorien spezifischen Architektur und Auswirkungen auf die Chronometrie, Topographie und Klimatologie. Fünfzig Jahre später entstand in Bern zur Kartographie des Kantons in seinen neuen Grenzen ebenfalls ein Observatorium. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden chronometrische Dienstleistungen oder Observatorien in Genf, Neuenburg (und Besançon) geschaffen, um den Bedürfnissen der Uhrmacherei, der Telekommunikation und des Transportwesens gerecht zu werden, während sich Zürich auf die Sonnentätigkeit spezialisierte. Im 20.Jahrhundert begann allerdings der Niedergang der Observatorien in den Stadtzentren. Neue Bauten entstanden entweder in ländlichen Gebieten oder an Orten über der Nebelgrenze, um die Klarheit der Nächte und vor allem die Dunkelheit besser ausnutzen zu können. Die veralteten Observatorien wurden nach und nach abgebrochen, in Museen umgewandelt oder neuen Zwecken angepasst.

 

Dossier 6
Lukas Bonauer
Architektur fürs kosmische Auge
Sternwarten in der Schweiz

Zusammenfassung
Auch hierzulande fangen Sternwarten das kosmische Geschehen mit ihren komplexen Messgeräten und Apparaturen ein. Oft versteckt und abgelegen. Zu viel Umgebungslicht trübt den kosmischen Blick. Das Gelände muss den Himmelsrichtungen resp. Meridianlinien gehorchen. Aufzublicken in Zeit und Raum, erfordert Präzision. Obschon bei weitem nicht überall die gleichen Mittel verfügbar sind – Faszination und Forschungsdrang lassen die Triebwerke zünden. Architektur und Ausstattung dafür sind so eigen, so vielfältig und unterschiedlich wie der Nachthimmel und seine mit der Jahreszeit wechselnden Firmamente. Was sind die Gemeinsamkeiten der Sternwarten? Worin unterscheiden sie sich? Drei aktuelle Sternwarten und eine «Ehemalige» berichten über ihre Gegenwart und erzählen ihre Geschichte.

 

Fotoessay
Michael Peuckert
Beobachten Messen Wissen

KdS | MAH | MAS
KiDS
Heiliger Bimbam!

KdS | MAH | MAS
Saskia Ott Zaugg
140e volume des Monuments d’art et d’histoire de la Suisse MAH
Présentation officielle de l’ouvrage consacré à la ville d’Estavayer-le-Lac
Plus de cent vingt personnes ont assisté à la présentation officielle du volume écrit par l’historien de l’art Daniel de Raemy. Il s’agit du tome VI du canton de Fribourg consacré à La ville d’Estavayer-le-Lac, paru dans la série des MAH.

Aktuell | Actuel | Attuale
Nicole Pfister Fetz, lic.phil.I, Präsidentin GSK
Billet de la présidente
Nachhaltiges Bauerbe

Publikationen der GSK | Publications de la SHAS | Pubblicazioni della SSAS
«Ich habe mir einen Felsen vorgestellt, der auf diesen Platz fällt»
Die Schweizerischen Kunstführer bieten spannende Einblicke in die Geschichte der Schweizer Baukultur. Die kommenden Neuerscheinungen zeigen einige Glanzlichter schweizerischer Sakralbauten.

Auslandreisen | Voyages à l’étranger | Viaggi all’estero

  • Schmelztiegel Andalusien
    Kulturelle Nahtstellen von Islam und Christentum
  • Kairo – Mutter der Städte
    Zehn Stadtspaziergänge durch 1400 Jahre Architektur

Bücher | Livres | Libri
Fabian Felder

  • Spolien
    Hans-Rudolf Meier
    Spolien. Phänomene der Wiederverwendung in der Architektur

Julie Lang

  • S’affirmer par l’image
    Gaëlle Nydegger
    René Chapallaz et la photographie architecturale

Impressum | Impressum | Colophon

Erhältlich im Webshop der GSK.

Preis CHF 20.00
GSK-Mitgliederpreis CHF 14.00
Abbildungen 117
Seitenzahl 80
Autoren Diverse
Artikelnummer K+A-2021.4
Inhaltssprache Deutsch, Französisch, Italienisch
Erscheinungsdatum
ISBN 978-3-03797-728-6
Bandnummer 72. Jahrgang, 4.2021
Verlag Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte